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Davos Klosters: Im Reich der Powder Pioniere

Günter Kast, Donnerstag, 09. Dezember 2021

Davos Klosters ist eine der traditionsreichsten Wintersportdestinationen der Alpen. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts begann der Aufstieg zum Luftkurort. Heute fühlen sich hier Eishockey-Fans, Wirtschaftsführer, Langläufer wie Dario Cologna, Tourengeher und Freerider gleichermassen wohl.

In normalen Zeiten ist richtig was los in und vor der Jatzhütte am «Party-Berg» Jakobshorn. Da wummern die Bässe. Da legen bekannte DJs schon zur Mittagszeit auf. Da stossen im Outdoor-Whirlpool Feierwütige mit Schümli-Pflümli oder dem legendären Kaffi Sex an. Für Genuss-Skifahrer, die für mehr als ein halbes Dutzend Abfahrten keine Kraft in den Beinen haben, ist die Jatzhütte das perfekte Alibi, um den Skitag frühzeitig und gemütlich ausklingen zu lassen. Im vergangenen Winter, dem Pandemie-Winter, war freilich alles anders. Mit gebührendem Sicherheitsabstand löffelten die Pistenfahrer vor der Hütte ihre Suppe oder wärmten sich mit einem Tee auf. Keine Musik, keine Party. Selten war so viel Stille. Die Skitourengeher und Freerider, die hier ihre Felle aufzogen, wurden kaum eines Blickes gewürdigt. Früher galten die «Aufsteiger» als Exoten. Im Corona-Winter kamen sie endgültig im Mainstream an.

Das Ziel der Freerider war das 2682 Meter hohe Jatzhorn, keine halbe Gehstunde oberhalb der Hütte gelegen. Hier zogen sie ihre Felle ab und machten sich fertig für die im Idealfall unverspurten Nord- und Osthänge, die über die Alp Stillberg bis Teufi hinabführen. Ein bisschen Gleiten auf der zugeschneiten Strasse, ein bisschen Stockeinsatz – und schon waren sie zurück in Davos und bereit für neue Abenteuer abseits der Pisten. 900 Höhenmeter Abfahrt bei nur 180 Aufstiegsmetern: Für viele ist das der perfekte Mix.


Die Powder-Pioniere

Was moderne «Freireiter» vermutlich nicht wissen: Das Aufsteigen mit Muskelkraft hat in Davos eine sehr lange Tradition. Am 23. März 1894, also vor 125 Jahren, zieht ein gewisser Arthur Conan Doyle in Davos-Frauenkirch Steigfelle aus Seehund-Haut auf die 2,40 Meter langen und nur zehn Zentimeter breiten Holzskier. Das Ziel des Briten, schon zu Lebzeiten berühmt für seine Sherlock-Holmes-Krimis: die 2436 Meter hohe Maienfelder Furka. Von dort will er mit zwei einheimischen Skipionieren, den Brüdern Tobias und Johann Branger, bis nach Arosa abfahren. «Die Brangers gehörten zu den Ersten, die diesen damals in den Alpen noch unbekannten Sport ausübten», erzählt Käthy Cajacob, die im Wintersportmuseum Davos Führungen zu den Anfängen des Pulverrauschs anbietet.

Die Gebrüder Branger hatten Doyle das Skifahren erst drei Monate zuvor beigebracht. «Ein hölzerner Kuhstall war das letzte Zeichen menschlicher Zivilisation, das wir bis Arosa sehen sollten», berichtet der Brite in seiner Reportage über die Pioniertour. Daran hat sich auf dieser Route bis heute nichts geändert. Die Berge reihum sind mit Bergbahnen bestens erschlossen, doch die Maienfelder Furka blieb jungfräulich. Pistenfahrer und Tourengeher kommen in Davos eben gleichermassen auf ihre Kosten. Leider verlief die Abfahrt damals nicht ganz unfallfrei: Einer der Führer verstauchte sich den Knöchel, und auch die Hose des Autors überstand die kleine Expedition nicht ohne Risse. Dennoch fiel das Fazit Doyles positiv aus: «Tatsächlich ist es im Winter einfacher als im Sommer, eine Reise über höhere Pässe zu machen. Auf Schnee ist die Mühe nur halb so gross, weil die Abfahrt hauptsächlich ein blosses Gleiten ist».


Aufstieg zum St.-Antönier-Joch auf der Madrisa-Runde bei perfekten Verhältnissen


Wer nun denkt, Skifahrer waren die Frontleute des Wintertourismus in Davos, liegt trotzdem falsch. «Die ersten Wintergäste trafen laut Ortschronik ja bereits am 2. Februar 1865 ein. Nicht die Weissfluh oder das Jakobshorn, sondern der zugefrorene Davosersee war damals das bevorzugte Sportrevier», weiss Käthy Cajacob. Der habe trotz der Entfernung zum Ortskern viele Gäste magisch angezogen. Manchmal etwas zu magisch: Im Dezember 1881 zum Beispiel wagten sich einige Zugereiste auf das noch brüchige Eis und mussten mühevoll mit Stangen und Stricken gerettet werden. Es waren übrigens Holländer. Heute kann man nicht mehr so leicht einbrechen: weder im grossen Kufen-Erlebnispark namens «Eistraum» noch in der mehr als 6000 Zuschauer fassenden Arena des örtlichen Eishockeyklubs und Schweizer Rekordmeisters HC Davos, wo jedes Jahr der legendäre Spengler-Cup ausgetragen wird.

Die Destination Davos Klosters bietet tatsächlich für jeden Geschmack etwas, schafft mühelos den Spagat zwischen Tradition und Moderne, zwischen literarischem Schauplatz und Bühne der globalen Vordenker, die ihre Ideen beim Weltwirtschaftsforum austauschen. Die beiden Welten lassen sich sogar bestens miteinander verbinden: Nicht nur Doyle, auch Thomas Manns «Zauberberg»-Protagonist Hans Castorp erkundet das Winter-Wunderland mit Latten an den Füssen, wenngleich seine Skitour zum Strelapass beinahe tödlich endet. Castorp gerät in einen veritablen Schneesturm und kann sich nur mit letzter Kraft in den Windschatten eines Heuschobers retten, wo er erschöpft einschläft und von der Südsee träumt.

Vier gewinnt

Davos, das ist WEF, SLF und HCD. Davos ist aber auch Sonne satt, gute Küche und freie Wahl zwischen gut erschlossenen und einsamen, wilden Vergnügungsbergen. Vor allem aber ist Davos: schneesicher!

  • Pischa - ein Berg fernab des Trubels
    Genug von Mainstream und Pistenkitsch? Pischa ist der naturbelassene Berg in Davos Klosters. Keine präparierten Pisten, dafür viel Platz im Naturschnee für alternative Wintersportarten. Wer Sonne und Ruhe sucht, ist hier richtig.
  • Madrisa bei Klosters
    Klosters gehört zur touristischen Destination Davos Klosters. Der Event- und Familienberg Madrisa verzaubert besonders im Winter. Er bietet einen umwerfenden Rundumblick und zahlreiche sportliche Möglichkeiten. Und auch die Küche dort ist für Familien sowie Gourmetfreunde gleichermassen attraktiv.
  • Schatzalp - zauberhaft
    Hier hat der Tourismus seinen Ursprung, dort wurden Romane verfasst, Filme gedreht und noch heute geniesst man nostalgisches Flair. Am besten bewundert man die atemberaubende Aussicht auf einer Kur-Liege, bei einer Tasse Tee. Krönender Abschluss: die Schlittenfahrt ins Tal hinab.
  • Walserhuus Sertig
    Dieses Seitental ist eine der besonderen Perlen in Davos Klosters: Die Umgebung könnte nicht alpiner sein, die Bergluft beglückt, der Wasserfall verzaubert und die wenigen Walser-Häuser mitsamt dem Kirchlein bieten Romantik pur. Man sagt, dass deshalb ein Essen oder ein Glas Bündner Wein nirgends besser schmecken.

Erforschung der weissen Gefahr

Weder Doyle noch die Romanfigur Castorp wussten so richtig Bescheid über die Gefahren im winterlichen Gebirge. Heute kann sich niemand mehr herausreden. Und das wiederum ist zum grossen Teil einer Davoser Einrichtung zu verdanken: Das WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF ist die Autorität schlechthin, wenn es um die Erforschung der weissen Gefahr geht. Rund 140 Mitarbeiter steuern die unterschiedlichsten Projekte, deren Ergebnisse allen, die im freien Skiraum unterwegs sind, zugute kommen und das Risikomanagement über die Jahre entscheidend verbessert haben. Obwohl heute viel mehr Menschen mit Touren- und Freeride-Ski unterwegs sind als früher, ist die Zahl der Unfälle im langjährigen Mittel nicht gestiegen, ja sogar leicht sinkend. Seit 2019 untersuchen die SLF-Wissenschaftler auch, wie sich die Häufigkeit und die Art von Lawinen durch den Klimawandel verändern. Das Institut steht dabei erst am Anfang, aber es gibt erste Hinweise darauf, dass die Folgen gravierend sind. Der Klimawandel könnte mehr schwere Schneestürme und längere Schönwetterperioden bescheren. Das liesse die Schneedecke fragiler und brüchiger werden.


Eisstadion und Hockey-Halle gehören genauso zu Davos wie das WEF


Fest steht: In Davos konzentriert sich sehr viel Know-how über das «weisse Gold». Das SLF liefert die theoretischen Grundlagen in Sachen Schnee und Sicherheit, das Sportgymnasium das praktische Rüstzeug für die Leibesübungen auf den famosen Flocken. Stars wie Olympiasieger Iouri Podladtchikov oder Markus Keller, der ehemalige Weltmeister in der Halfpipe, gingen dort vormittags zur Schule – und trainierten nachmittags auf den Pisten und in den Parks der sechs Davoser Skigebiete, je nach Wetter, Lawinen- und Schneelage. Eine solche Auswahl hatten die Pioniere des Sports seinerzeit natürlich nicht. Als an Weihnachten 1934 am Bolgen der erste Bügellift eingeweiht wurde, war das weltweit ein Novum. Alle wollten ihn benutzen, aber nur die wenigsten konnten Skifahren. Die Konsequenz: Sie stiegen mit geschulterten Brettern den Hang hinab. Für frühe Freerider waren das tatsächlich paradiesische Zustände.

Skitouren & Freeride: Top 3


  1. Für Einsteiger
    Beliebt und perfekt für Novizen geeignet ist der kurze, aber landschaftlich lohnende Freeride von der Bergstation der Jakobshornbahn über das Jatzhorn nach Teufi im Dischmatal. Klar, dass man hier nicht alleine unterwegs ist.
  2. Für Aufsteiger
    Alle, die gerne bergauf schwitzen, sollten einen Skitourenklassiker mit sensationeller Aussicht in Angriff nehmen: die imposante Felspyramide des Flüela Schwarzhorns. Am besten tut man das im Frühjahr, wenn die gleichnamige Passstrasse offen ist und sich so der Ausgangspunkt der Tour nach oben verlegen lässt.
  3. Für Erfahrene
    Kenner und Könner wagen sich an den Fast-Dreitausender Gorihorn. Die Tour beginnt im Flüelatal nahe dem Gasthaus Tschuggen. Bei günstigen Schneeverhältnissen ist die gut 35 Grad steile Gipfelflanke gut zu machen, bei Vereisung oder Hartschnee braucht es jedoch Umsicht und eine gute Felltechnik.

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Essen

  • Davos Klosters bietet lokale, regionale sowie internationale Küche. Fleisch- und Fischfreunde lieben den Pöstli-Grill.
  • Die authentische China-Pfanne bietet der Golden Dragon im Hotel Grischa.
  • Hippe Küche zaubert der Stall Valär.
  • Der neue Japaner auf Platz, der die Nudeln «Ramen» vielseitig kocht, ist Soko.
  • Währschaftlich und immer gut – Restaurant Bräma.
  • Hotel Dischma
  • Die einheimischen Jungs im Wynegg verwöhnen mit lokalen und traditionellen Gerichten.

Feiern

  • Die Jatzhütte auf dem Jakobshorn bietet Après-Ski auf 2530 m.ü.M.
  • Feiern à la Davos heisst, ab in die legendäre Bolgenschanze.
  • Zum ausschweifenden Apéro eignet sich das Rotliechtli wunderbar.
  • Clubben à la Davos: ab ins Pöstli.
  • Immer cool und äusserst musikalisch ist die Montana-Bar.
  • Legendär und bei Jung und Alt seit vielen Jahren beliebt: die Ex-Bar.

Bergführer

Bergführer Davos Klosters


Erlebnistipp

Auf fetten Reifen durch den Winter cruisen – das ist auf Fatbikes möglich: zum Beispiel auf Pischa, weil hier die Abfahrten besonders spektakulär sind. Ein bisschen Adrenalin-Kick gehört dazu, doch dieses Cruisen macht süchtig! Räder kann man an der Talstation von Pischa ausleihen. Oder man meldet sich direkt bei der Bike Academy und lässt sich beraten:


Hütten


Events

Das Backcountry-Festival bietet während einer ganzen Woche ein abwechslungsreiches Programm für alle, die den Bergsport lieben. Von Freeride-Touren, Lawinen-Kursen bis hin zu Splitboard-Touren trifft man auf zahlreiche Möglichkeiten für verschiedene Levels. Die Stimmung ist toll, das abendliche Zusammenkommen und sportliche Feiern schafft Freundschaften und neue Erlebnisse.


Allgemeine Auskünfte 

Fotos: Ricardo Götz & Marcel Giger

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