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Jacke wie Hose

Rabea Zühlke, Donnerstag, 16. Dezember 2021

Im Gegensatz zur Aufmerksamkeit, die Bergsportjacken bei Kundinnen und Kunden geniessen, fristen die Hosen beinahe ein Schattendasein. Doch Jacke ist eben wie Hose: Auch die Wahl des Beinkleids will beim Bergsport wohlüberlegt sein – speziell zur kalten Jahreszeit. Eine Kaufberatung.

Von atmungsaktiven Skitourenhosen über gefütterte Trekkinghosen bis hin zu wind- und wasserdichten Latzhosen: Wer bisher dachte, eine Winterhose muss einfach nur warm sein, hat sich ziemlich getäuscht – wie die immer grösser werdende Produktauswahl zeigt. «Generell unterteilen wir Winterhosen in Skitouren-, Freeride- und Wintertrekking-Hosen sowie Wärme-, Daunen- und Expeditions-Hosen. Hinzu kommt die Unterscheidung, ob mit oder ohne Membran», fasst die Bächli Produktmanagerin Daniela Stünzi zusammen. Je nach persönlichen Vorlieben kann der Einsatzbereich der Modelle natürlich variieren, grundsätzlich ist die Kategorisierung nach Bergsportdisziplin aber sinnvoll: Wer will schon bei anstrengenden Aufstiegen im eigenen Schweiss stehen oder beim Eisklettern bis auf die Unterhose nass werden? Wer im Winter also vor allem auf Skitour unterwegs ist, wird eher zu einer atmungsaktiven Softshell greifen als der abfahrtsorientierte Freerider oder der Winterbergsteiger, der seine Zeit in eisigen Nordwänden verbringt. «Softshell-Hosen tragen diejenigen, die regelmässig auf Skitour sind oder eine Multisporthose im Winter brauchen, die auch für Winterwandern, Schneeschuhlaufen oder Langlaufen geeignet ist», erklärt die Bächli-Expertin.

Wasserdampfdurchlässigkeit und Bewegungsfreiheit bei bestmöglichem Wetterschutz definieren hier das Anforderungsprofil. So besteht das dampfdurchlässige Aussenmaterial meist aus windabweisendem, abriebfestem Polyamid, der Einsatz von Elasthan garantiert die nötige Bewegungsfreiheit. Eine zusätzliche, dünne Oberflächenbehandlung – in der Regel eine DWR-Imprägnierung (Durable Water Repellent) – sorgt für wasserabweisende Eigenschaften. Nutzt sich der Abperleffekt ab, kann das Material übrigens nachimprägniert werden. Ein weiteres Plus der Softshell-Hosen: Dank der angerauten Innenseite fühlen sie sich auch ohne lange Funktionsunterwäsche angenehm auf der Haut an. «Der Innenstoff fühlt sich weich wie eine Fleecejacke an, zudem kann die Wärme in den Zwischenräumen der Fasern gespeichert werden», weiss die Produktmanagerin. Gleichzeitig wird Feuchtigkeit in Form von Schweiss schneller aufgenommen, vom Körper abgeleitet und von innen nach aussen transportiert. «Ortovox verarbeitet sogar feine Merinofasern mit geruchshemmenden Eigenschaften auf der Innenseite. Hauptsächlich kommt aber synthetisches Material zum Einsatz », so Stünzi.

Wachs und Wolle

Für Wintertrekkings und Wanderungen eignen sich ebenfalls Softshell-Hosen. Hersteller wie Fjällräven (z. B. Barents Pro Winter Trousers), Norrøna (z. B. Svalbard-Cotton-Linie) oder Lundhags (z. B. Makke MS Pants) bieten ausserdem Modelle aus Polyester-Baumwoll-Gemischen an, die einen besonders hohen Tragekomfort aufweisen. Stünzi fügt hinzu: «Prinzipiell besitzen Wintertrekking-Hosen dieselbe Ausstattung wie die Sommer-Modelle, oft sind sie zusätzlich innen aufgeraut oder gefüttert wie die Barents Pro Winter Trousers.» Eine Wachsbehandlung verleiht diesen Mischgeweben wind- und wasserabweisende Eigenschaften und kann jederzeit aufgefrischt werden. Zudem stellt das Bügelwachs eine PFC-freie Alternative zur DWR-Imprägnierung dar. In Kombination mit einer Gamasche können diese Hosen auch zum Schneeschuhgehen getragen werden.

Wind und Wetter

Ob bei hochalpinen Touren, feucht-kalten Witterungsbedingungen oder bei langen Powder-Abfahrten: Je unbeständiger das Wetter oder je mehr der Fokus auf der Abfahrt liegt, desto eher empfiehlt die Bächli-Expertin eine dreilagige Hardshell-Hose. Die Laminate von GoreTex, Sympatex oder Dermizax basieren auf unterschiedlichen Funktionsweisen, haben aber dasselbe Ziel: Wind, Schnee, Nässe und Kälte draussen halten und Feuchtigkeit von innen nach aussen transportieren. Im Vergleich zu Softshells sind sie weniger wasserdampfdurchlässig, dafür aber absolut wind- und wasserdicht. «Hardshell-Hosen werden vor allem von Personen gekauft, die viel Freeriden gehen oder Alpinski fahren», weiss Stünzi. Genauso sind sie die bevorzugte Wahl beim Winterbergsteigen oder Eisklettern. Wichtig ist hier jedoch, auf die Stärke des Innenfutters zu achten. Denn wer mit Ski auf dem Rücken einige Höhenmeter aufsteigt, mal eben 1000 Tiefenmeter ins Tal rauscht oder zum Eisfall mehrere Stunden im meterhohen Tiefschnee spuren muss, dem wird auch ohne Wattierung warm.

Daniela Stünzi fasst zusammen: «Jemandem, der schnell friert, empfehle ich ein Modell mit Membran. Im Umkehrschluss heisst das: Wenn ich schnell schwitze, bin ich mit einer atmungsaktiven Softshell ohne Membran besser beraten.» Und wer sich nicht entscheiden kann, greift zu einer Hybrid-Hose, die per Bodymapping die Vorteile beider Materialien vereint. «Die Dynafit Beast Hybrid Pants kombiniert beispielsweise Softshell-Material mit wasserdichtem Drei-Lagen-Material. So bietet die Hose an exponierten Stellen Wind- und Wetterschutz und bleibt dennoch atmungsaktiv.»

Höhe und Weite

Von hautengen Skitourentights im Rennläufer-Look bis zu dreilagigen Loose-Fit-Latzhosen: Welche Passform die richtige ist, bestimmt die Aktivität. Softshell-Hosen zum Skitouren- oder Schneeschuhgehen sind normalerweise schmal geschnitten. «Sonst reiben die Hosenbeine im Aufstieg ständig aneinander.» Einem Rennanzug sollten sie trotzdem nicht ähneln: «Hosen für Skitourenrennläufer sind an der Wade so eng, dass sie nur über einen Trainingsschuh passen», warnt die Produktmanagerin. Damit die Hose problemlos über einen Allround-Skitourenschuh geht, lassen sich die Beinabschlüsse idealerweise über Reissverschlüsse oder Druckknöpfe regulieren. Praktisch ist ausserdem eine integrierte Gamasche mit Gummibund, die das Eindringen von Schnee verhindert. Zur Standardausstattung gehört zudem ein Einsatz an der Innenseite aus abriebfestem Material wie Cordura, das die Hose vor scharfen Skikanten und Steigeisenzacken schützt.  Während die meisten Freerider eine weite Passform und maximale Bewegungsfreiheit bevorzugen, ist ein weiter Schnitt für Eiskletterer alles andere als ideal: «Besonders der Beinabschluss sollte schmal sein, um mit den Steigeisen nicht ins andere Hosenbein zu treten.» Generell sind Hardshell-Modelle höher geschnitten, so garantieren sie einen sicheren Sitz. «Einige Hersteller produzieren sogar wieder vermehrt Latzhosen», beobachtet Stünzi. «Sie schützen die Nieren vor Kälte und verrutschen weniger.» Eine Alternative sind Hosenträger, bei manchen Herstellern lassen sich Hose und Jacke auch über Reissverschlüsse oder Druckknöpfe direkt miteinander verbinden.

Können, mögen und müssen

Wer als aufstiegsorientierter Skitourengeher Hardshell-Material bevorzugt, sollte beim Kauf unbedingt auf seitliche Belüftungszipper achten – ansonsten wird die Frühjahrsskitour schnell zum schweisstreibenden Akt. Modelle mit durchgehenden Reissverschlüssen eignen sich zudem als Überhose bei unbeständigem Wetter, sie lassen sich problemlos mit Tourenskischuhen an- und ausziehen. Auch bei mehrtägigen Skitouren, die man mit einer Softshell-Hose bestreitet, gehört eine Überhose für Schlechtwettereinbrüche in den Rucksack. Andere Features, wie eine grosse Oberschenkeltasche mit integriertem Verlustschutzkarabiner für das LVS-Gerät, sind Geschmackssache. Stünzi empfiehlt generell, das LVS-Gerät in der vom Hersteller vorgesehenen Tragehalterung zu führen – in der Hose tragen die meist recht dicken Geräte oft auf. Überhaupt nicht störend ist dagegen der flache Recco-Reflektor, der mittlerweile in immer mehr Bergbekleidung eingearbeitet wird (z. B. Arc’teryxc Beta SV BIB). Durch den Hubschrauber-basierten SAR1-Detektor kann er im Falle eines Un-falls oder Lawinenunglücks eine schnelle Lokalisierung gewährleisten.

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