Zum Inhalt springen

Offene Stellen

Newsletter

DE | FR | IT
  1. Erlebnis
  2.  > 
  3. Blog
blog dyneema header

Von Schlingen, Schnüren und Vorurteilen

fabian-reichle-blog.jpg
Fabian Reichle, Mittwoch, 29. Juni 2022

Schlingen und Reepschnüre werden aus hochtechnischen Fasern geknüpft. Im Material-Dschungel von Kevlar, Nylon oder Dyneema kann der Überblick schnell verloren gehen. Falschinformationen machen schnell die Runde. Gerade Dyneema eilt ein schlechter Ruf voraus. Zu Unrecht.

Die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts war geprägt von technischen Innovationen – auch im Alpinsport. Die Nagelschuhe wichen modernen Bergschuhen, Hightech-Membrane verdrängten die schwere Baumwolljacke und das sicherheitstechnisch bedenkliche Hanfseil überliess den Platz modernen, chemischen Materialien. Diese Materialien sind komplex, sie zu verstehen bedarf einer intensiven Materialkunde. Es erstaunt daher nicht, dass ihnen gegenüber teils Skepsis und Misstrauen aufkommt. Ein Paradebeispiel sind Schlingen aus Dyneema.

Aalglatt und superdünn: Seit Dyneemaschlingen im Umlauf sind, haben sie einen schwierigen Stand. Kann man diese Dinger überhaupt anständig knoten? Die sind so schmal, die reissen doch sofort im Falle eines Sturzes! Und sowieso: Dyneema schmilzt sicherlich wahnsinnig schnell und wird mittels UV-Einstrahlung innert kürzester Zeit zerstört. So oder so ähnlich geistern nicht belegte Gerüchte durch die Alpinszene. Vieles davon entspricht nicht der Wahrheit.


Chemieunterricht

Was ist Dyneema überhaupt? Grundsätzlich handelt es sich dabei um einen Produktnamen der niederländischen Firma DSM. Das Material selbst besteht aus sogenannten Polyethylenfasern, die enorm dicht gewoben werden, das führt zum kleinen Packmass und somit zum geringen Gewicht. Diesen chemisch hergestellten Fasern verdankt Dyneema auch seine glatte Oberfläche – übrigens der Hauptgrund, warum die Schlingen weiss sind, da sie sich nur schlecht färben lassen. Zudem gibt es sie ausschliesslich vernäht zu kaufen.

Banal gesagt ist das alles, was Laien zum Material wissen müssen. Dyneema ist – wie jede andere chemische Faser auch – ein Hightech-Produkt, für dessen Verständnis viel Fachwissen vorausgesetzt wird.


Was hält, was hält nicht?

Dyneema als Sicherheitsrisiko: Bedenken sind gerechtfertigt, denn am Fels gilt offensichtlich eine Nulltoleranz gegenüber anfälligem Material. Begründet sind solche Bedenken jedoch nicht. Praxistests haben gezeigt, dass Schlingen aus Dyneema genau gleich eingesetzt werden können wie seine Pendants aus Nylon oder Kevlar.

Es lässt sich bestens knüpfen und hält bei Augenknoten tip top. Allein bei Verbindungsknoten zweier Dyneema-Schnüre ist die glatte Oberfläche ein Problem. Dieser Einsatzzweck ist jedoch unrealistisch, da das Material wie erwähnt stets vernäht verkauft wird.


Anders sieht es bei Stürzen in Dyneema-Schlingen aus. Hier reisst das Material relativ schnell. Der springende Punkt dabei ist jedoch, dass dabei nicht Dyneema selbst ausschlaggebend ist, sondern der Fakt, dass statische Bandschlingen nicht darauf ausgelegt sind, dynamische Stürze aufzufangen. Nylon, Kevlar und Co reissen ebenfalls. Die Unterschiede bei den Belastungsgrenzen sind marginal. Und auch wenn die Schlinge hält, die Kräfte, die auf den Körper bei einem Fang wirken, können verheerend sein.

Genau gleich verhält es sich bei Reibung und dem darauffolgenden Durchschmelzen. Aber auch hier gilt: Der Unterschied von Dyneema zu anderen Materialien ist minim. Selbiges gilt auch für die Belastung durch UV-Strahlung.

Der Blickwinkel ist bei all der Kritik auf Dyneema also oft falsch. Es kommt letztendlich nicht auf das Material drauf an, sondern auf den Einsatzzweck und die Handhabung von statischen Schlingen und Schnüren. Will heissen: Niemals dynamisch belasten, Reibung möglichst vermeiden und permanent dem Sonnenlicht ausgesetztem Material konservativ gegenüberstehen.

Das tiefe Eintauchen in hochtechnologische Materialien kann spannend sein, es dient jedoch nur bedingt einem Urteil. Gerüchte entstehen dabei leider viel zu schnell und halten sich hartnäckig – aus theoretischen Mutmassungen werden schnell praxisferne Feststellungen.

Kurzum: Die dünnen, glatten Dyneema-Schlingen mögen abschrecken, aber wer sie korrekt einsetzt, wird deren grossen Vorteil zu schätzen lernen - nämlich das geringe Gewicht sowie das kleine Packmass.

Weitere Beiträge

2025-07_blog_tourentipp_weissmies.jpg

Tourentipp: Hochtour über den Rotgrat auf das Weissmies

Der Rotgrat ist eine lohnende Alternative zur Normalroute auf das Weissmies und bietet einen ruhigen, technisch einfachen Anstieg über Fels und Firn. Weniger frequentiert, gut abgesichert und ideal kombinierbar – perfekt für kreative Bergsteiger abseits der Massen.

2025-05_blog_nollen_moench_01_header.jpg

Tourenbericht: Über den Nollen auf den Mönch

Was bleibt von einer Tour, auf der alles glatt läuft? Bächli-CEO Thomas Morand ist mit Jonas Schild über die Nollenroute auf den Mönch gestiegen.

2025-04_blog_speed-record_hojac_01.jpg

Nicolas Hojac mit neuem Speed-Rekord an Eiger, Mönch und Jungfrau

Der Schweizer Bächli-Athlet Nicolas Hojac und der Österreicher Philipp Brugger haben den 21 Jahre alten Speedrekord von Ueli Steck und Stephan Siegrist gebrochen. Am 5. April 2025 ist es den Alpinisten gelungen, die Nordwände von Eiger, Mönch und Jungfrau in 15 Stunden 30 Minuten zu bezwingen.

2024-09_blog_chrigel_maurer_xpeaks_01.jpg

Ein Traum wird wahr: Besteigung aller 82 Viertausender der Alpen zu Fuss und per Gleitschirm

Mit ihrem Projekt XPEAKS haben sich Bächli-Athlet Chrigel Maurer und Alpinist Peter von Känel einiges vorgenommen: Ihr Ziel war es, alle 82 4000er Berggipfel der Alpen gemeinsam zu besteigen und sich dabei ausschliesslich zu Fuss oder fliegend mit dem Gleitschirm zu bewegen. Mit GPS-Livetracking und Selfies auf allen Gipfeln haben die beiden ihr ambitioniertes und erfolgreiches Vorhaben dokumentiert.

2024-08_blog_matterhorn_nordwand_franziska_00_header.jpg

Zwei Freundinnen – ein gemeinsamer Traum: Matterhorn-Nordwand

Die Alpinistinnen Franziska Schönbächler und Jil Schmid haben lange davon geträumt, gemeinsam die Nordwand des Matterhorns zu erklimmen. Das lange Warten auf gute Bedingungen hat sich endlich gelohnt. Am 20. Juli konnten die Freundinnen aufbrechen und dem berühmten Berg die Stirn bieten. Im Blog schildert Bächli-Athletin Franziska, wie sie die Tour erlebt hat und was ihr noch lange in Erinnerung bleiben wird.

2024-08_blog_berner_panorama_nicolas_hojac_01.jpg

Zehn Gipfel in 37 Stunden: Nicolas Hojac und Adrian Zurbrügg überqueren Berner Panorama in einem Push

Am 29. Juli brechen die Alpinisten Nicolas Hojac und Adrian Zurbrügg in den Berner Alpen ins Ungewisse auf. 37 Stunden und 5 Minuten später haben sie als erste Seilschaft nonstop die zehn Gipfel von Eiger, Mönch, Jungfrau, Rottalhorn, Louwihorn, Gletscherhorn, Äbni Flue, Mittaghorn, Grosshorn, Zuckerstock und Breithorn überquert. Ein hochalpiner Grenzgang der Superlative, auf dem 7000 Höhenmeter und 65 Kilometer nicht die einzigen Herausforderungen waren.

2024-06_blog_baechlistock_hochtour_01_header.jpg

Zum Jubiläum: Eine Hochtour auf den Bächlistock

Zuhinterst im Bächlital steht der 3246 Meter hohe Bächlistock. Auch wenn der SAC-Führer über den selten besuchten Gipfel nicht gerade schwärmt – zum 50. Geburtstag von Bächli Bergsport müssen wir ihm die Ehre erweisen.

2024-6_bergpunkt_tourentipp_tete_blanche_09.jpg

Leichte Hochtour in aussichtsreicher Bergwelt: Tête Blanche – Petite Fourche

Diese variantenreiche Hochtour führt über die beiden Gipfel Tête Blanche (3421 m) und Petite Fourche (3513 m) und bietet prächtige Aussichten auf das Mont-Blanc-Massiv.

Passende Inhalte

Kommentare

Zu diesem Beitrag sind noch keine Kommentare vorhanden.

Kommentar schreiben