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Sicher am Stahlseil: 4 Tipps zur Wartung von Klettersteigsets

Fabian Reichle, Samstag, 29. Juli 2023

Klettersteige sind populär – nicht erst seit gestern. Nachvollziehbar, denn sie bieten das alpine Flair einer Mehrseillängen-Tour gepaart mit dem Spielerisch-Herausfordernden des Sportkletterns, ohne dabei auf ein breit ausgelegtes Material- und Technikrepertoire zurückzugreifen. Aber wie erkennst du, ob dein Set auch nach mehreren Touren noch sicher ist?

Klettersteige an und für sich gehören zu den ältesten und pragmatischsten Formen der vertikalen Fortbewegung. Im Ersten Weltkrieg waren sie sogar ein entscheidender Faktor während der Schlachten in den Dolomiten und wurden in schwer zugänglichen Regionen als «Versorgungssteige» eingerichtet.

Ab den 80er-Jahren wurden diese eisernen Wege dann für den Bergsport umgenutzt, 1993 entstand mit dem Tälli der erste Klettersteig der Schweiz. Spätestens seit Mitte der Nullerjahre ist ein raketenhafter Aufwärtstrend erkennbar. Und mit ihm die Entwicklung des Klettersteigsets. Doch der Start war holprig: Rund ums Jahr 2012 gab es etliche Rückrufaktionen namhafter Hersteller. Es gab fatale Unfälle, weil Klettersteigsets schlichtweg rissen, damals eingesetzte Reibungsseilbremsen waren anfällig. Quasi alle Marken mussten über die Bücher. 

Es wurde neu entwickelt und 2017 folgte die offizielle Normierung mit dem kryptischen Namen DIN EN 958:2017. Wer heute ein Klettersteigset kauft, hat die Zeit der teils fragwürdigen Entwicklungsphasen hinter sich und kann auf streng geprüftes Material vertrauen. Bächli Bergsport führt nur Klettersteigsets, die den aktuellen, strengen Normen entsprechen.


4 Tipps zur Wartung & Sicherheit von Klettersteigsets

Wer schon länger solche Steige erklimmt, fragt sich früher oder später: Ist mein Equipment eigentlich noch sicher oder schon zu sehr in die Jahre gekommen? Denn ein intaktes Klettersteigset ist unabdingbar für unbeschwerte Tage am Fels. Dabei geht es nicht nur um die optische, sondern allem voran um die sicherheitsrelevante Pflege. Ein marodes Klettersteigset ist eine potenziell tödliche Gefahr. Mit unseren vier Tipps bist du auf deiner nächsten Tour auf der sicheren Seite:

Tipp Nr. 1: Auch ein vermeintlich tadelloses, nie benutztes Gerät sollte nach spätestens zehn Jahren ausgemustert werden. Diese Zeit verkürzt sich mit häufiger Nutzung. Grund dafür ist das natürliche Altern der Textilien und Kunststoffe. Am besten werden hierzu die Herstellerangaben beigezogen. Alte Sets kannst du übrigens bei uns in der Filiale zur Entsorgung abgeben!

In unseren Filialen nehmen wir ausrangiertes Bergsport-Equipment zurück und führen es dem Recycling zu.


Tipp 2: Warte dein Set regelmässig. Mit lauwarmem Wasser und einer weichen Bürste können die Arme und Karabiner geputzt werden. Letztere werden mit silikon-, harz- und säurefreiem Öl wieder geschmeidig. Hierbei ist es jedoch wichtig, dass dieses nicht mit dem Textilmaterial in Berührung kommt. Getrocknet werden Klettersteigsets möglichst im Schatten bei Raumtemperatur. Wäschetrockner und Heizung sind tabu, direkte Sonneneinstrahlung ebenfalls, da UV-Strahlen die synthetischen Fasern angreifen. Als Lagerung eignet sich ein trockener, kühler Ort, am besten verstaut in einer Tasche, um externe Einwirkungen möglichst zu vermeiden.

Tipp 3: Kommt das Klettersteigset zum Einsatz, wird es immer davor und danach inspiziert. Kleine Gebrauchsspuren wie Kratzer am Karabiner sind kein Grund zur Sorge, jedoch gehört das Material entsorgt, wenn eines der folgenden Mankos auftritt:

  • Offene Nähte oder verfranste, ausgeblichene Textilien. 
  • Durchgescheuerte oder verformte Karabiner. 
  • Einwirkung durch aggressive Flüssigkeiten wie Öl oder Säure.


Hier ist gut zu erkennen, dass das Label links gerissen ist.


Tipp 4: Nach einem Sturz muss das Klettersteigset zwingend ersetzt werden. Es ist nicht dafür ausgelegt, mehrere Normstürze aufzufangen, wie es beispielsweise bei Kletterseilen der Fall ist. Wenn das Band am Bandfalldämpfers gerissen ist– was auch ohne grosse Krafteinwirkung möglich ist – ist das Set unbrauchbar. Dies ist meist gut erkennbar (siehe Bild). Ein regelmässiger Check des Dämpfers ist daher unabdingbar. 

Wer sein Klettersteigset regelmässig unter die Lupe nimmt und es fachgerecht behandelt, wird damit sicher unterwegs sein und hoffentlich viele vertikale Abenteuer an Stahl und Fels erleben.

Neukauf: Welches Klettersteigset ist für mich geeignet?

Das alte Set ist hinüber und du brauchst ein neues? Prinzipiell sind alle Modelle gleich aufgebaut; nach dem sogenannten Y-Prinzip: Eine Schlinge wird mit dem Klettergurt verbunden, zwei elastische Arme werden via Karabiner ins Stahlseil gehängt, als Sturzsicherung dient ein Bandfalldämpfer. Der Kaufentscheid fällt mit den kleinen, feinen Details.

Das Klettersteigset per se gehört zum Sicherheitsmaterial. Nebst der grundlegenden Eigenschaft – den Kletternden oder die Kletternde zu sichern – gehört die erste Priorität beim Kauf dem Handling. Ein Klettersteigset muss sich gut anfühlen. Wichtigster Faktor dabei sind die Karabiner. Sie müssen gut in der Hand liegen, denn mit nur einer sollten sie geöffnet werden können. Unterschiedliche Hersteller entwickeln hierbei eigene Mechanismen, die objektiv alle intuitiv sind, subjektiv sind jedoch kleine Nuancen spürbar. Soll der Karabiner mit dem Zeigefinger geöffnet werden oder ist ein Drücken mittels Handballen angenehmer?

Das Handling der Karabiner ist Geschmackssache.

Ebenfalls einen hohen Stellenwert hat die Öffnungsweite der Karabiner. Je grösser erstere, desto einfacher lassen sich letztere einhaken. Allerdings ist es wie bei manch anderer Bergsport-Ausrüstung: Je komfortabler der Gebrauch, desto grösser das Gewicht und Packmass. Das gilt auch für Klettersteigsets. Gerade Fortgeschrittene und Profis verzichten auf die ein oder andere Annehmlichkeit, um entscheidende Gramm zu sparen.

Apropos Annehmlichkeiten; davon gibt es bei Klettersteigsets einige. Farblich unterschiedliche Karabiner und Arme für leichteres Links-Rechts-Handling oder ein Wirbel-Element, das mit den Armen rotiert und ein Verheddern verhindert, sind praktische Gadgets für sorgenfreies Klettern. Auch eine Zusatzschlaufe, um statische Schlingen zur Standplatzsicherung anzubringen, gehören zur bequemen Zusatzoption. Wer in Punkto Sturzsicherheit das absolute Minimum eingehen will, findet sogar Modelle mit integrierter Rücklaufsperre.


Fünf praktische Klettersteig-Kauftipps in Kürze



Karabiner: Wie liegen sie in der Hand und wie fühlt sich der Mechanismus an? Lassen sich die Schnapper weit genug öffnen? Idealerweise im Laden an einem (Stahl-)Seil ausprobieren.

Anbindschlaufe: Wie einfach lässt sich das Gerät am Klettergurt montieren? Am besten eigenen Gurt beim Kauf mitbringen und testen.

Arme: Wie lange sind die Arme? Fühlen sie sich elastisch genug oder sperrig an? Gibt es ein Drehgelenk, welches ein Verheddern verhindert? Ist eine Zusatzschlaufe für Bandschlingen angebracht?

Gewicht und Volumen: Wie viel Gramm bringt das Klettersteigset auf die Waage? Wie viel Platz nimmt der Bandfalldämpfer in Beschlag? Stört dieser etwa?

Preis: Gibt es Schnäppchen bei gleichbleibender Qualität? Bächli Bergsport führt Klettersteigsets im hauseigenen Outlet


Ebenfalls dem individuellen Geschmack gedient ist die Länge der Arme. In gespanntem Zustand werden sich diese in der Regel zwischen 85 und 95 Zentimetern einpendeln. Die Spannweite ergibt sich folgend aus dem maximalen Abstand der Karabiner am Klettersteig-Seil. Dieses dürfte bei den meisten modernen Sets zwischen 180 und 200 Zentimeter liegen. Kompakt und handlich oder grosszügig und elastisch – das individuelle Empfinden hat hier Vorrang. Achtung: kurze Arme bedeuten nicht zwingend eine kleine Spannweite.

Der Falldämpfer bewahrt dich im Ernstfall vor dem Schlimmsten.

In Sachen Falldämpfer gibt es wenig Kompromisse. Das in sich geschlossene System soll funktionieren, wenn es zum wortwörtlich schlimmsten Fall kommt. Einzig die Grösse kann matchentscheidend werden. Bis auf wenige Ausnahmen sind die mit Fäden verwebten und für Stürze ausgelegten Bänder jedoch äusserst kompakt verpackt.

Ein letztes, wichtiges Indiz beim Kauf sind die Herstellerangaben selbst. Jedes Klettersteigset ist mit einer Etikette versehen, auf dem relevante Fakten notiert sind. Dabei ist vor allem auf folgende Merkmale zu achten:

  • Die Normierung: Sie gibt an, nach welchen Standards das Set gebaut wurde. Wie weiter oben beschrieben sollte dies demjenigen aus dem Jahr 2017 entsprechen.
  • Die CE-Nummer: Diese bestätigt, dass das Gerät von einem unabhängigen Prüfinstitut getestet wurde.
  • Die Seriennummer: Mit ihr kann geprüft werden, ob das Klettersteigset von Rückrufaktionen betroffen ist. Eine Übersicht über Rückrufaktionen im Kletterbereich bietet z.B. diese Seite.
  • Das Nutzergewicht: Das ist der Gewichtsrahmen, in welchem sich der Kletternde oder die Kletternde bewegen darf. Unbedingt beachten, dass dieses mit Gepäck gilt.

Mit der Seriennummer kannst du prüfen, ob dein Set von Rückrufaktionen betroffen ist.

Wie das Set im Steig verwendet wird, welche dringenden Sicherheitsaspekte es zu beachten gibt und welches Material sonst noch auf der Tour dabei sein muss, liest du in unserem separaten Blogbeitrag.


Die schönsten Klettersteige für Beginner*innen gibt es in diesem Blogbeitrag. Herausfordernde Via Ferratas gibt es in diesem Artikel. Noch mehr Infos zu Klettersteigsets gibt es hier.


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