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Für alle Felle

Jürg Buschor, Montag, 14. November 2022

Skifelle bringen uns im Idealfall sicher und kraftsparend auf den Gipfel. Doch welches sind die richtigen Felle für den geplanten Einsatzzweck? Und wie werden sie für Langlebigkeit und Funktionalität am besten gepflegt? Bächli Bergsport Skitourenexperte Samuel Bundi klärt auf.

Bevor wir uns auf Skitouren dem Abfahrtsrausch hingeben können, muss jeder Höhenmeter zuerst einmal aus eigener Muskelkraft zurückgelegt werden. Wie anstrengend das ist, hängt nicht nur von der Länge der Tour ab, wie der Bächli Bergsport Skitourenexperte Samuel Bundi aus eigener Erfahrung weiss: «Ob der Kleber die Haltekraft einbüsst, sich hartnäckige Stollen bilden oder die Skifelle die Haltekraft vermissen lassen und durchrutschen – jedes Problem kostet nicht nur Nerven und Energie, sondern stellt auch ein potenzielles Sicherheitsrisiko dar. Umso erstaunlicher ist es deshalb, dass sich die meisten Tourengeher erst dann intensiv mit dem Thema Skifell beschäftigen, wenn sie schon fluchend am Berg stehen.

 

Kunst oder Natur?

Die «Grundzutaten» für jedes Fell sind mehr oder weniger dieselben: Ein Grundgewebe mit Faserflor, eine wasserdichte Zwischenlage, der Rückstoff und schliesslich eine Klebeschicht. Was macht also den Unterschied aus? Welche Grundmaterialien gewählt und wie diese verarbeitet werden, entscheidet über die Funktionalität des Endprodukts. Dass die Schneebeschaffenheit, der Feuchtigkeitsgehalt und die herrschenden Temperaturen ebenfalls einen starken Einfluss auf die Steig- und Gleiteigenschaften haben, sei an dieser Stelle auch gleich erwähnt.


«Die vielleicht wichtigste Frage, die der Kunde beantworten muss, ist, ob es ein Fell mit Mohair, Kunstfasern oder einer Mischung aus beiden Materialien sein soll», erklärt Bundi und ergänzt: «Das wiederum ist eine Anwendungsfrage.» Da gibt es beispielsweise Felle aus 100 Prozent Mohair, dem extrem feinen Haar der Angoraziege, die in Südafrika und der Türkei gehalten werden. Pro Tier und Jahr werden etwa 4 Kilogramm Garn durch Schur gewonnen. Diese Skifelle überzeugen mit tiefem Gewicht und hervorragenden Gleiteigenschaften. Sie bieten eine gute Steigfähigkeit und bleiben selbst bei klirrender Kälte geschmeidig. Das Naturprodukt Mohair ist dafür weniger robust und nutzt sich insbesondere bei hartem Frühlingsschnee schneller ab.


Synthetikfelle werden aus Nylonfasern gefertigt und sind sehr strapazierfähig und pflegeleicht. Selbst Steinkontakte nehmen sie meist klaglos hin. Stressfrei im Einsatz und bei der Pflege eignen sie sich besonders für Gelegenheitstourengeher, bei denen die Gleiteigenschaften und die damit verbundene Geschwindigkeit nicht so wichtig sind. Auch für Freerider, die nur kurze Aufstiege zu bewältigen haben, sind sie eine kostengünstige Alternative zu Mohair. Bei grosser Kälte gleiten sie spürbar schlechter als Felle mit hohem Mohair-Anteil. Das ist mit ein Grund dafür, dass Bächli Bergsport aktuell keine reinen Synthetikfelle im Sortiment führt, wie Bundi erklärt: «Aktuell ist der Kompromiss, den man bei einem reinen Synthetikfell eingeht, aus unserer Sicht zu gross. Aber wir haben schon Prototypen eines Produkts testen können, das sehr vielsprechend ist.»


Das Beste aus zwei Welten versprechen die sogenannten Mix-Felle. Wenig erstaunlich sind dies bei Bächli Bergsport auch die Bestseller. Sie kombinieren eine gute Steigfähigkeit und auch hinsichtlich Gleitfähigkeit schliessen sie immer näher zu den reinen Mohair-Fellen auf. Im Neuzustand bemerkt man kaum noch einen Unterschied zu den Naturfasern. Die Beimischung von in der Regel etwa 30 Prozent Synthetikfasern erhöht die Abriebfestigkeit und damit die Lebensdauer.

 

Konstruktion bestimmt Funktion

Wie gut ein Fell gleitet und steigt, hängt aber auch von der Webart, der Faserqualität und der Florlänge ab und mit welchem Anstellwinkel diese parallel zur Laufrichtung fixiert werden. Der polyesterverstärkte Baumwollrückstoff stabilisiert dabei den Fellflor und erhöht die Reissfestigkeit des Steigfells.



Material
Der Faserflor sorgt für gute Steig- und Gleiteigenschaften. Verwendet werden Kunstfasern (Polyamid), Naturfasern (Mohair – die Wolle der Angoraziege) oder Mischungen aus den zwei Materialien.


Pflege
Skifelle nie an der prallen Sonne oder auf dem Radiator trocknen. Aufbewahren an einem trockenen Ort ohne Tageslicht.


Konstruktion
Faserlänge und Anstellwinkel sind mit entscheidend, wie gut ein Fell steigt und gleitet.


Produktaufbau
Haftbeschichtung, Trägergewebe, wasserdichte Laminierung, Faserflor aus Mohair und/oder Kunstfaser

 

Gespannt, geklebt

Die meisten Skifelle im Bächli-Sortiment sind sogenannte  Klebespannfelle. Sie werden von einer rückstandsfreien und kälteresistenten Adhäsionsfläche auf Basis von Acrylat, Silikon oder Schmelzharzkleber auf dem Skibelag fixiert und gleichzeitig an Skispitze und -ende mit speziellen Haken und Umlegemechanismen befestigt. Die breiteste Anwendung finden Schmelzharzkleber, die sich bei wechselnden Verhältnissen und mehrmaligem Auffellen bewährt haben. Adhäsionsflächen auf Silikon- oder Acrylat-Basis, wie beispielsweise das Adrenaline-Fell von Montana, lassen sich mit wenig Kraft und komplett rückstandsfrei vom Skibelag abziehen und können auch ohne Netzabdeckung oder Folie problemlos Klebefläche auf Klebefläche transportiert werden.


Sollte die Beschichtung einmal verschmutzt werden, lässt sie sich jederzeit mit lauwarmem Wasser oder Seifenwasser und einem weichen Schwamm reinigen. Die Technologie hat aber auch einen Nachteil, wie Matthias Schmid aus eigener Erfahrung zu berichten weiss: «Bei mehrmaligem Auffellen auf einer Tagestour ist penibel darauf zu achten, dass sowohl Adhäsionsfläche als auch Skibelag vor dem Anbringen des Fells trocken gewischt sind. Gelangen Schnee und Wasser auf die Flächen, geht die Haftwirkung schnell verloren.» Eine Ausnahme stellt hier das Montana Adrenaline dar, das vom Klebeverhalten eher an einen «klassischen» Schmelzharzkleber erinnert.

 

Alles Übungssache

Verunreinigungen der Fell- und Haftseite sowie Schnee- und Wasserkontakt auf der Adhäsionsfläche sollten wenn möglich vermieden werden. Ebenso der Kontakt von zwei Klebeflächen bei Fellen mit Schmelzharzkleber. Die Ausnahme bestätigt die Regel, die Produkte von Pomoca können auch Kleber auf Kleber weggepackt werden. Das Abziehen ist zugegebenermassen nicht immer so einfach, wenn einem ein stürmischer Wind um die Ohren pfeift oder man bei heftigem Schneefall oder extremen Minustemperaturen die Felle möglichst schnell wegpacken möchte. Gerade deshalb lohnt es sich, die Fellmanipulationen (aufziehen, abziehen und zusammenlegen) bei idealen Bedingungen einzuüben.



  1. Grundgewebe und Faserflor. Materialwahl (Mohair, Kunstfaser), Webart, Faserqualität, Florlänge und Anstellwinkel der Fasern entscheiden über die Gleit- und Klettereigenschaften des Steigfells.
  2. Die Zwischenlage verhindert, dass nach dem Zuschneiden das Fell seitlich ausfranst.
  3. Die wasserdichte Zwischenlage vermeidet, dass sich der Rückstoff mit Feuchtigkeit vollsaugt.
  4. Der polyesterverstärkte Baumwollrückstoff stabilisiert den Fellflor und erhöht die Reissfestigkeit des Fells.
  5. Eine Adhäsionsfläche auf Basis von Acrylat, Silikon oder Schmelzklebestoff sorgt für eine zuverlässige Verbindung mit dem Skibelag.

 

Pflege erspart Ärger

Was bei Skis selbstverständlich ist, wird bei den Steigfellen meist vernachlässigt: die regelmässige Pflege. Damit die Gleiteigenschaften erhalten bleiben und die Stollenbildung reduziert wird, müssen Felle regelmässig mit Imprägniermittel behandelt werden. Als wertvoller Retter in der Not hilft oft ein im Tourenrucksack mitgeführter Block Imprägnierwachs im Taschenformat. Auch die Adhäsionsfläche verdient in schöner Regelmässigkeit etwas Aufmerksamkeit in Form einer Reinigung oder – bei nachlassender Haftleistung – einer Komplett- oder Teil-Erneuerung des Schmelzharzklebers. Dieser Service wird in jeder Bächli Bergsport Filiale angeboten. Wer selber Hand anlegen will, findet in den 13 Filialen die entsprechenden Produkte und erhält auch nützliche Anwendungstipps. Wer sich diese Arbeit regelmässig macht, hat dafür garantiert ein ungetrübtes Skitourenvergnügen.  

 

Pflegetipps für Steigfelle

Korrekte Anwendung und regelmässige Pflege vorausgesetzt, leisten Skifelle über Jahre zuverlässig ihren Dienst.

 

Reinigung
Grundregel: Verschmutzung der Fell- und Haftseite vermeiden. Zur Reinigung die verschmutzten Felle mit einem feuchten Tuch gründlich abreiben. Anschliessend neu imprägnieren, um Wasseraufnahme und Stollenbildung vorzubeugen. Hierfür gibt es Pflegeprodukte wie Sprays oder Applikationsschwämme. Bei klassischen Schmelzharzklebern kann gröberer Schmutz, wie zum Beispiel Gras, mit einer Pinzette entfernt werden. Bei starker Verschmutzung hilft nur noch die Erneuerung der Klebeschicht, dies wird in den Bächli Bergsport Filialen als Service angeboten. Wer selbst Hand anlegen will, findet auf der Website passende Produkte und Anwendungstipps.

 

Handhabung
Die Skifelle müssen auf dem Gipfel möglichst sauber und trocken in den Rucksack gepackt werden. Sind sie feucht, ist auf Skitour eine körpernahe Aufbewahrung ratsam (z. B. in den Brusttaschen), damit sie trocknen können.  Das ist besonders dann wichtig, wenn man auf Tour mehrmals auffellen muss.  Unbedingt darauf achten, dass der Skibelag immer frei von Schmutz, Schnee oder Eis ist. Leichte und kompakt verstaubare Microfasertücher leisten hier wertvolle Dienste, der oft anstelle von Netzabdeckungen verwendete Aufbewahrungsstrumpf natürlich auch. Selbstverständlich kann auch zum Beispiel der Jackenärmel dafür herhalten.

 

Problembehebung unterwegs
Wenn sich unterwegs die Skifellenden ablösen oder die Haftfläche an einigen Stellen verschmutzt ist, helfen Haftkleberpads (z. B. Colltex Quicktex), die zur Grundausstattung des Skitourenrucksacks gehören. Gegen Stollenbildung helfen Imprägnierwachs oder Imprägnierspray. Wenn die Front- oder Endbefestigungen brechen oder ausreissen, helfen oft ein paar Kabelbinder für eine notfallmässige Fixierung.


Aufbewahrung
Zu Hause trocknet man die Felle am besten zuerst bei Zimmertemperatur und bewahrt sie danach an einem trockenen und dunklen Ort auf. Aber aufgepasst – die Felle auf keinen Fall an der prallen Sonne oder auf dem Ofen/Radiator trocknen!

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