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Powdertouren im Niemandsland

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Patricia Neuhauser, Donnerstag, 18. November 2021

Du bist Gipfelsammler und auf der Suche nach prestigeträchtigen Bergen? Namen hoher Gipfel klingen wie Musik in deinen Ohren? Im Niemandsland, auch hinteres Sihltal genannt, ticken die Uhren anders. Nicht das Erreichen des Gipfelkreuzes treibt die Tourengeher in diesem Gebiet an. Ein anderes Element rückt in den Fokus.Fernab von Alltagsstress und gesellschaftlichen Zwängen gibt es hier nur eins: Powderfressen!

Du bist Gipfelsammler und auf der Suche nach prestigeträchtigen Bergen? Namen hoher Gipfel klingen wie Musik in deinen Ohren? Im Niemandsland, auch hinteres Sihltal genannt, ticken die Uhren anders. Nicht das Erreichen des Gipfelkreuzes treibt die Tourengeher in diesem Gebiet an. Ein anderes Element rückt in den Fokus, das manchmal golden im späten Nachmittagslicht erstrahlt oder bläulich während der blauen Stunde schimmert. Jedenfalls immer schön pulvrig stiebend muss es sein, fluffig wie auf Wolke Sieben schwebend und am besten gänzlich unverspurt. Dann lacht das Herz der Powderjunkies, funkeln Augen mit Schneekristallen um die Wette. Bist du bereit für eine Reise ins Niemandsland? Eine Reise, die trotz Stadtnähe, fernab von Alltagsstress und gesellschaftlichen Zwängen nur eines im Sinn hat: Powderfressen!

Zwischen den beiden Skitourenmagneten Wägitalersee und Ybrig im Kanton Schwyz gelegen, bleibt das Kleinod hinteres Sihltal im Verborgenen. Zu sehr locken vielfältige Tourenmöglichkeiten rund um den tiefblauen Wägitalersee mit breiten, gemässigten Hängen wie am Mutteristock und Redertengrat. Im benachbarten Ybrig steppt nicht minder der Bär, Skigebietstrubel und Skitourenklassiker wie Forstberg und Twäriberg leiten nur selten in die Einsamkeit.


Pulverschnee und Sonnenschein, das gibt es am Lauiberg.


Gerade im Februar und März, wenn der Schnee zumindest noch nordseitig weit hinunterreicht und die wärmeren Tage zur Schneedeckensetzung kräftig beitragen, schlägt die grosse Stunde des hinteren Sihltaler Kessels. Denn von der Einkesselung und nordseitigen Ausrichtung der Skitouren profitiert die Schneequalität: Während am Hauptkamm der Sturm tobt, bleibt der Sihltaler Kessel vom Wind meist verschont. Hier darfst du ohne mit der Wimper zu zucken die fetten Latten aus dem Keller kramen, Gewicht der Ausrüstung hin oder her, wer die breite Taille hat, gewinnt das breite Grinsen. Zumindest in der Abfahrt.


Aufbruch ins Unbekannte

Ich liebe Kartenmaterial, hänge fast jede freie Minute über einer dieser fast schon antiquarisch erscheinenden Papierfetzen im Zeitalter des Internets. Doch auch für mich blieb der Schatz des hinteren Sihltals verborgen, obwohl ich die Region wie meine Westentasche kenne, aber eben nur die Tourenmöglichkeiten rund um Wägitalersee und im Ybrig. Unbedeutende Gipfelnamen, sowie eine öde Forststrasse im Talgrund, auf der man weder Höhe gewinnt noch Aussicht geniessen kann, provozierten lediglich ein müdes Gähnen, anstatt Tatendrang und Glückshormone. Bis mir ein Kollege von steilen Couloirs, menschenleeren Powderhängen und einem hohen Hund als Gipfel vorschwärmte. Der Höch Hund, mit 2214 Meter höchster Gipfel im hinteren Sihltal.


Birgit hat guten Grund zum Grinsen: in wenigen Metern erreicht sie die wärmende Sonne und damit die Scharte unterm Höch Hund Gipfel.


Also doch, ich musste das Gebiet näher unter die Lupe nehmen. Doktor Google spuckte fleissig, wenn auch nicht übermässig, Informationen bei seiner Befragung aus. Das Vorfreude-Barometer stieg ins Unermessliche, ich konnte kaum noch stillsitzen und konsultierte sofort die aktuelle Wetterprognose für die nächsten Tage. Dass ich daraufhin gleich bei meinem ersten Besuch des hinteren Sihltals den Jackpot knacken würde, war mir zu diesem Zeitpunkt zum Glück noch nicht bewusst. Ich hätte wohl einen Herzinfarkt erlitten vor lauter Euphorie.


Verstecktes Juwel

Der Jackpot? Das ist die Trilogie aus Höch Hund, Mieserenstock und Lauiberg. Mehr steile Rinnen und breite Pulverhänge geht nicht, gewürzt mit drei wunderbaren, charakterlich unterschiedlichen Gipfeln. Ergänzt um diesen unbeschreiblichen Moment, wenn man der düsteren Schattenseite kurz unterm Gipfel entkommt, die Anspannung des steilen Anstiegs abfällt, der Blick sich weitet, die Sonnenseite des Lebens dir entgegenlacht und du nur eines fühlst: Freiheit und Glückseligkeit. Umso intensiver, wenn du solche Augenblicke mit lieben Menschen teilen kannst, die deine Auffassung vom „in die Berge gehen“ mittragen.


Die steile Engstelle in der Abfahrt vom Mieserenstock, darunter endlose Pulverschneehänge.


Schliesslich relativierten sich auch meine Befürchtungen wegen der langen Forststrasse im Talgrund, die nur vom Ochsenboden aus zur Gänze bewältigt werden muss. Mit dem Auto geht es für gewöhnlich auf der geräumten Privatstrasse noch weit ins Tal hinein. Ausserdem nehmen die Touren im Gebiet auf diese Weise gemächlich an Fahrt auf, wie ein Musikstück steigern sich die landschaftlichen Impressionen und Gefühlszustände. Nach Verlassen des teilweise ruppigen Waldes geht es durch ein liebliches, tiefverschneites Blockfeld und eine grosse, sonnenverwöhnte Hochfläche, bevor die Qual der Wahl wartet: zur Scharte beim Höch Hund hinauf, wo der felsige Gipfelkopf des Druesberg wie ein mächtiger Schiffsbug wirkt? Oder doch im weiten Bogen zum Lauiberg, an der Sihltalhütte vorbei, dessen Gipfelanstieg manchmal eine Himmelsleiter würzt? Und für all diejenigen, die doch auch gern ihre Gipfelbesteigung am Gipfelkreuz mit einem Selfie oder Handschlag feiern, trägt der Mieserenstock ein extra grosses Exemplar auf seinem Haupt.

Das fulminante Finale schliesslich veredelt den Pulverschneetag mit einem breiten Grinsen, das garantiert breiter als die breitesten Ski ist: Drei - Zwei - Eins - Drop-in!


Informationen zum hinteren Sihltal

  • Allgemein: Eher ruhiges, anspruchsvolles Tourengebiet, das nur 45 Minuten mit dem Auto von Zürich entfernt liegt. Auch wenn die Gipfel nicht höher als 2200 Meter sind, erfordert die nordseitige Ausrichtung in Kombination mit den Anstiegen und Abfahrten im teils 40 Grad steilen Gelände absolut sichere Verhältnisse und das Beherrschen solider Spitzkehrtechnik. Pickel und Steigeisen im Gepäck schaden nicht.
  • Anreise: Mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Einsiedeln bis Ochsenboden, mit dem Auto bis zum Parkplatz bei P. 1067 im hinteren Sihltal.
  • Achtung: Schiessanzeige des Erprobungszentrums Ochenboden beachten!
  • Gipfelziele: Lauiberg (2057m) Mieserenstock (2203m), Höch Hund (2214m) und westliche Chläbdächer (2141m). Informationen dazu im SAC Führer Skitouren: Zentralschweizer Voralpen und Alpen.

Noch mehr Inspiration gewünscht? Vornehmlich aus der Schweizer Bergwelt berichtet Patricia Neuhauser auf ihrem Blog von persönlichen Abenteuern mit Ski, Steigeisen, Trailrunningschuhen und Kletterfinken.

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