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Sicher durch Klettersteige

Fabian Reichle, Freitag, 17. Juli 2020

Klettersteige sind ein fantastisches Bergerlebnis – und ein leicht zugängliches obendrein. Während das Klettern am Seil durch hohe Felswände viel Material- und Technikkenntnisse voraussetzt, sind diese bei Via Ferrate überschaubarer. Doch der Schein kann trügen, denn auch am Stahlseil lauern Gefahren. Sei dies durch externe Einflüsse, Selbstüberschätzung oder mangelnde Materialkunde. Damit der Aufstieg in luftiger Höhe nicht zur bösen Überraschung wird, haben wir hier wichtige Regeln aufgeführt.

Klettersteige sind ein fantastisches Bergerlebnis – und ein leicht zugängliches obendrein. Während das Klettern am Seil durch hohe Felswände viel Material- und Technikkenntnisse voraussetzt, sind diese bei Via Ferrate überschaubarer. Doch der Schein kann trügen, denn auch am Stahlseil lauern Gefahren. Sei dies durch externe Einflüsse, Selbstüberschätzung oder mangelnde Materialkunde. Damit der Aufstieg in luftiger Höhe nicht zur bösen Überraschung wird, haben wir hier wichtige Regeln aufgeführt.


Tourenplanung

Wie bei allen alpinen Sportarten ist eine sorgfältige Planung das A und O. Ein Klettersteig kann nur dann sicher – und letzten Endes auch genussvoll – durchstiegen werden, wenn man vorab bereits weiss, was einen erwartet.

Schwierigkeit des Klettersteigs
Als erstes Indiz zur Machbarkeit gilt die Schwierigkeitsskala. In der Schweiz ist die sogenannte Hüsler-Skala verbreitet, die auch vom SAC verwendet wird. Diese ist in sechs Stufen unterteilt:

  • K1, leicht: In der Regel trassierte Steige, Sicherungen in Relation zum Gelände komfortabel. Beispiele: Schreckhornhütte, Felsenweg Sustlihütte.
  • K2, mittel: Abschnitte bereits in steilerem Felsgelände, jedoch aufwändig gesichert. Beispiele: Rigidalstock, Eiger-Rotstock
  • K3, ziemlich schwierig: Längere Strecken in steilem, auch ausgesetztem Felsgelände. Noch immer aufwändig gesichert. Beispiele: Tälli-Klettersteig, Via Ferrata Monte Generoso
  • K4, schwierig: Steiles Felsgelände mit senkrechten Stellen. Oftmals beträchtlich ausgesetzt. Griffe und Tritte sind oft klein. Beispiele: Fürenwand, Jägihorn
  • K5, sehr schwierig: Schwierigstes Felsgelände. Beispiel: Schlussvariante Jägihorn
  • K6, extrem schwierig: Nur für Profis. Sehr kraftraubend und ausgesetzt. Solides Nervenkostüm und Top-Kondition werden vorausgesetzt. Beispiel: Daubenhorn

In Österreich wird vorwiegend die Schall-Skala verwendet, mit deren Hilfe Klettersteige von A bis F bewertet werden. Wie beim regulären Klettern wird empfohlen, sich an die Skala heranzutasten. Nur wer einen Grad beherrscht, sollte sich an die nächsthöhere Stufe wagen.

Die Schwierigkeitsskala gibt euch eine grobe Einschätzung, was euch erwartet. Achtet jedoch bei der Planung auf Details: Gibt es besonders exponierte Stellen? Kommt die Krux eher zu Beginn oder gegen den Schluss? Ist der Klettersteig eher technisch oder physisch? Gibt es Raststellen? Hat es in der Route Ausstiegsmöglichkeiten?

Ebenfalls wichtig und leider oft in den Hintergrund rückend: Wie ist der Zu- und Abstieg? Gibt es vielleicht sogar eine Seilbahn, die euch wieder nach unten bringt?

Wetter
Ein fundierter Wettercheck gehört ebenfalls zum Bergsport-Standard, für Klettersteige gilt aber besondere Beachtung. Denkt dran, ihr klettert an einem Stahlseil, das während eines Gewitters schnell zum Blitzableiter und somit zur reellen Lebensgefahr wird. Aber auch Regen, Nässe und Kälte können einen vermeintlich einfachen Klettersteig um ein Vielfaches erschweren, wenn das Eisenmaterial rutschig wird.


Material

Auf einem Klettersteig seid ihr im Minimum mit folgender Ausrüstung unterwegs: Klettersteigset, Klettergurt, Helm und gute Bergschuhe. Für mehr Grip am Metall und um die Hände zu schonen, zieht ihr am besten enganliegende Lederhandschuhe an. Eine Bandschlinge mit HMS-Karabiner zur Zusatzsicherung in Rastpositionen hilft ebenfalls.


Standard- und Optionalausrüstung auf Klettersteigen: Klettergurt, Klettersteigset, Helm, Bergschuhe, Handschuhe, Bandschlinge, HMS-Karabiner.


Ein besonderes Augenmerk solltet ihr auf euer Klettersteigset legen. Einerseits ist es das Gerät, das euch mit dem Sicherungsseil verbindet und daher eure Lebensversicherung darstellt. Es muss sich gut anfühlen, das Handling darf nicht zu kompliziert sein. Lasst euch von unseren Profis beraten und klettert ausschliesslich mit genormten, zertifizierten Klettersteigsets. Prüft daher, ob euer jetziges Set den neuesten Bestimmungen entspricht.

Moderne Klettersteigsets werden nach EN 958:2017 hergestellt. Was sich hinter dem kryptischen Namen versteckt, lest ihr auf einer Übersicht des Deutschen Alpenvereins.

Das restliche Material entspricht dem Standard für Aktivitäten in den Bergen: Erste-Hilfe-Set, Wetterschutz, Mobiltelefon. Beim SAC findet ihr eine praktische Ausrüstungsliste.


Vor dem Einstieg

Ohne Partnercheck kein Start in den Klettersteig. Kontrolliert mit den Augen und Händen. Befindet sich sämtliches Material in tadellosem Zustand? Ist das Klettersteigset richtig eingebunden und der Gurt korrekt verschlossen? Sitzt der Helm?

Bevor ihr nun loslegt: Steigt niemals in einen geschlossenen Klettersteig ein. Wenn ihr einmal in der Wand seid, gibt es in der Regel kein Zurück mehr. Dass ein Steig nicht zugänglich ist, hat gute Gründe. 


Während des Steigs

Die wichtigste Regel in der Wand: Mindestens ein Arm des Klettersteigsets bleibt immer am Seil. Die beiden Karabiner sollten gegengleich am Stahlseil eingehängt werden, das erhöht die Sicherheit.

Denkt daran, dass die Person vor euch im Falle eines Sturzes die gesamte Strecke des Stahlseils bis zur letzten Sicherung fällt, durch den Falldämpfer des Klettersteigsets erhöht sich die Distanz nochmals. Seid ihr zu nahe dran, werdet ihr wahrscheinlich mitgerissen. Der Grundsatz lautet daher: Zwischen zwei Sicherungen befindet sich jeweils nur eine Person. Im Zweifelsfall erhöht ihr den Abstand.

Falls ihr dennoch etwas schneller unterwegs seid als eure Vorsteigenden und überholen möchtet, dann meldet euer Vorhaben an und sprecht euch ab, damit ihr an einer geeigneten, sicheren Stelle vorbeigehen könnt.

Ein oft übersehener Fakt: In Klettersteigen besteht Steinschlaggefahr. Achtet also darauf, wo ihr hintretet, damit vermindert ihr dieses Risiko. Der Helm bleibt selbstverständlich immer auf, auch auf Rastplätzen oder vermeintlich gefahrlosen Wiesenbändern in der Wand.

Klettern mit Kindern
Mit Kindern einen Klettersteig zu begehen bedeutet ein vielfaches an Verantwortung. Denkt daran, dass Kinder zuweilen unaufmerksam sein können und schneller ermüden als Erwachsene. Klettersteigsets sind zudem so genormt, dass sie auf ein Minimumgewicht von 40 Kilogramm ausgelegt sind – Kinder fallen oft unter dieses Gewicht (die Obergrenze ist übrigens 120 Kilogramm).

Wer trotzdem mit einem Kind eine Via Ferrata begehen will, sollte diesem einen Komplettgurt anziehen und muss es zwingend per dynamischem Seil nachsichern. Diese Technik ist derer des Mehrseillängenkletterns und Bergsteigens ähnlich – wer Kinder sichert, muss darin absolut sattelfest sein. Denkt daran: Der Durchstieg ist dadurch mit zusätzlichem Zeitaufwand verbunden. Aus den genannten Gründen empfehlen wir Klettersteige nicht für Kinder oder nur für geübte Klettersteiggeher, die das Seilhandling beherrschen.

Eine detaillierte Übersicht über das zusätzliche Seilsichern im Klettersteig findet ihr bei Petzl.


Nach dem Steig

Sind euch Materialschäden während des Durchstiegs aufgefallen? Gab es lose Steine? Meldet das doch den denjenigen, die den Klettersteig unterhalten; sie sind bestimmt froh drum. Und wenn ihr schon dabei seid: Spätestens jetzt wäre es angebracht, den ein oder anderen Franken in die Unterhalt-Kasse zu werfen, damit auch in den nächsten Jahren euer Lieblingsklettersteig gut in Schuss ist und Freude bereitet.


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