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Seiltypen und Normen

Florentin Vesenbeckh & Jürg Buschor, Mittwoch, 13. Juli 2022

Für unterschiedliche Einsatzzwecke gibt es verschiedene Seilarten. Eine Kurzübersicht über die Vor- und Nachteile der einzelnen Produkte für jeden Anwendungszweck.

Klettern in der Halle

Das Seil: Das klassische dynamische Kletterseil. Unproblematisch im Handling und universell einsetzbar. Die meist verkaufte Länge sind 50-Meter-Seile. Abseilen und Ablassen ist nur über die halbe Seillänge möglich. Generell empfehlen wir Seile mit etwas mehr Durchmesser und höherem Mantelteil (zwischen 9,5 und 10 mm), die dadurch auch langlebiger sind. Eine Imprägnierung schützt vor Verschmutzung, beispielsweise durch den in Hallen omnipräsenten Sohlenabrieb oder Magnesium. Ausserdem laufen imprägnierte Seile besser durch das Sicherungsgerät.


Sportklettern

Das Seil: Das klassische dynamische Kletterseil. Unproblematisch im Handling und universell einsetzbar. Die meist verkaufte Längen sind 60 bis 80 Meter. Abseilen und Ablassen ist nur über die halbe Seillänge möglich. Weil die Routen länger sind als im Hallenklettern, ist das Gewicht ein wichtiger Faktor, entsprechend sind die verwendeten Seile etwas dünner (Seildurchmesser 9 bis 9,8 mm). Die Langlebigkeit wird durch einen erhöhten Mantelanteil und eine Imprägnierung erhöht. Ein Seilsack mit Plane schützt vor übermässiger Verschmutzung.


Alpine Klettereien

Zwillingsseil: Zwei Zwillingsseile müssen immer im Doppelstrang verwendet werden. Beide Seile müssen gemeinsam in jede Zwischensicherung eingehängt werden. Sie bieten höhere Sicherheitsreserven bei einer Scharfkantenbelastung und Steinschlag. Wenn ein Seil reisst, kann das zweite den Absturz verhindern. Es wird empfohlen, ein Seil mit imprägniertem Kern und Mantel zu wählen. Ein erhöhter Mantelanteil erhöht die Langlebigkeit und die Sicherheit.


Halbseil: Die Normanforderungen von Halbseilen liegen zwischen denen von Einfach- und Zwillingsseilen. Es müssen zwei Halbseile gemeinsam verwendet werden. Die beiden Seilstränge können einzeln in Zwischensicherungen eingehängt werden. Bei ungeradem Routenverlauf oder seitlich auseinander liegenden Zwischensicherungen können zwei separate Seilstränge Reibung minimieren und Scharfkantenbelastungen vermeiden. In Dreierseilschaften unbedingt auf den Durchmesser achten. Die Lehrmeinung erlaubt das Nachsteigen an einem einzelnen Halbseil. Das Gehen auf dem Gletscher an einem einzelnen Halbseil ist nach Lehrmeinung ebenfalls konform, da sich die Belastung bei einem Spaltensturz in Grenzen hält. Es wird empfohlen, ein Seil mit imprägniertem Kern und Mantel zu wählen. Ein erhöhter Mantelanteil erhöht die Langlebigkeit und die Sicherheit.


Dreifach-Zertifizierung: Die dünnsten Einfachseile aller Hersteller sind heute dreifach-zertifiziert. Das heisst, sie bestehen die Normprüfung als Einfach-, Doppel- und Zwillingsseil. Setzt man dreifach-zertifizierte Seile im Doppelstrang ein, bieten sie enorme Sicherheitsreserven. Als Zwillingsseil halten sie mehr als drei- bis viermal so viel wie im Einzelstrang. Dabei sind sie nicht viel schwerer als klassische Halbseile.


Die Seilnorm

Bergseile müssen unter anderem folgende Kriterien erfüllen:

  • Bei einem Normsturz wird ein Gewicht von 80 Kilogramm aus 4,80 Meter fallen gelassen. Einfachseile müssen mindestens fünf dieser Stürze halten. Dieser Sturz ist eine extreme Belastung, die in der Praxis nicht vorkommt. Das Ende des Seils ist fixiert. In der Praxis steht an dieser Stelle ein Sicherungsgerät, das dynamisch reagieren kann und die Belastung dadurch stark herab setzt. Die Sturzzahl sagt, wie oft ein Seil dieser Norm-Belastung standhält.
  • Der Fangstoss gibt an, wie hart ein Sturz ausfällt. Die Fangstosskraft misst die Belastung, die bei einem Normsturz auf die Sicherungskette entsteht. Das Seil nimmt durch seine Dynamik Energie auf. Je grösser die Dehnfähigkeit, desto geringer die Belastung. Allerdings steigt mit der Dehnung auch die Gefahr, bei einem Sturz mit dem Boden oder Felsvorsprüngen in Kontakt zu kommen.
  • Seit Bestehen der europäischen Norm, existiert der UIAA-Standard 101 parallel. Er ist international und kann im europäischen Raum als freiwilliges Zusatz-Siegel erworben werden. Ziel der UIAA ist es, durch zusätzliche Anforderungen die Sicherheitsstandards zu erhöhen.
  • Imprägnierte Seile: Gletscher, Eisfälle und Unwetter: Seile verlieren bis zu 50 Prozent an Festigkeit, wenn sie mit Wasser getränkt einem Normsturz ausgesetzt werden. Im hochalpinen Einsatz und beim Eisklettern ist eine Imprägnierung deshalb wichtig. Seit 2015 bietet die UIAA eine freiwillige Dry-Zertifizierung an und schafft damit erstmals eine Vergleichsmöglichkeit für die Wasseraufnahme der Seile. Der Test sagt allerdings nichts über die Festigkeit nasser Seile aus. Die hohen Anforderungen werden nur erreicht, wenn Seilmantel und Seilkern separat imprägniert werden.

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