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3 Trailrunning-Leckerbissen für den farbenfrohen Herbst im Oberengadin

Patricia Neuhauser, Mittwoch, 13. September 2023

Mit dem Superlativ sollte man bekanntlich sparsam umgehen. Doch wenn es einen Ort gibt, an dem man von ihm Gebrauch machen darf, dann definitiv im Oberengadin. Der goldene Herbst versprüht Magie über der Engadiner Seenplatte und den angrenzenden Tälern. Sportler und Naturliebhaber werden von der Region gleichermassen in den Bann gezogen.

Die liebliche Region auf 1800 m Höhe, auch bekannt als Topspot für Höhentrainingslager der Profis, bietet auf engstem Raum so viel Vielfalt an Trails für jegliches Können, dass für Trailrunner der Begriff Superlativ für das Oberengadin definitiv nicht übertrieben erscheint. Durch die gute Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr kannst du von A nach B laufen und das grosszügige Netz an gut markierten und beschilderten Wanderwegen vollends auskosten.


Harmonie der Gegensätze

Was macht eigentlich den Charme des sonnenverwöhnten Oberengadins mit seinen lieblichen Arven- und Lärchenwäldern, den typischen Engadiner Häusern und den vergletscherten Bergspitzen aus? Etliche namhafte Dichter, Denker und Kunstschaffende zog es bereits in die breite Talsohle zwischen Maloja im Westen und den Dörfern der Plaiv im Osten, welche Schmelztiegel verschiedener Sprachräume und Kulturen ist. Sie liessen sich vermutlich von der Harmonie der Gegensätze inspirieren: sanfte Alpweiden vor schroffen Gletschern, munter plätscherndes Wasser neben ruhigen, dunkelblau schillernden Bergseen. Jedes Seitental, wie zum Beispiel Val Fex, Val Roseg oder Val Morteratsch hat seinen eigenen, unverwechselbaren Charakter, welcher besonders in der farbenprächtigen Herbstzeit zur Geltung kommt. Spätestens, wenn die dunklen Wälder mit orange-roten Farbtupfern überzogen und die Bergspitzen bereits weiss angezuckert sind (was meist Mitte Oktober der Fall ist), ist deine Zeit für ein verlängertes Wochenende auf den flowigen Engadiner Trails gekommen!


 Die 3 «Best of» Trailrunning Routen für den Herbst

Damit du für deine Trailrunningabenteuer gewappnet bist, stelle ich dir als Engadin-Liebhaberin nachfolgend detailiert meine drei Highlights für ein verlängertes Wochenende im herbstlichen Oberengadin vor. Die Routen sind meist um die 20 Kilometer lang und mit 1000 Höhenmetern gespickt, so dass ambitionierte Trailrunner in den Tourenvorschlägen eher eine schöne Halbtagesbeschäftigung finden, Einsteiger und Geniesser ein angenehm tagesfüllendes Programm. Bis auf die Gipfeltour zum Piz Polaschin (Vorschlag Nr. 3, Schwierigkeit T4), verlaufen alle Routen auf rot-weiss markierten, grossteils sehr laufbaren Trails mit hohem Flowcharakter, auch wenn mal Wurzeln, Blockwerk und kurz steilere Passagen zum Speedhiking-Modus überleiten. Start- und Endpunkt sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Denk daran, dass im Herbst nicht unbedingt alle Hütten noch geöffnet haben und du deshalb genügend Proviant und warme Wechselkleidung auf deine Tour mitnehmen solltest. Im Schatten können Bäche bereits gefroren sein und Neuschnee länger liegen bleiben, gib Acht und behalte dies bereits bei deiner Planung stets im Hinterkopf! 

Tipp: Weitere Ideen und Anregungen nicht nur für das Oberengadin, sondern für die gesamte Schweiz, bekommst du auch im neuen Buch «Flowtrails für Geniesser» - 30 Highlights der Schweiz, erschienen im AS Verlag 2022.


1. Oase der Ruhe: Ins unbekannte Val Fedoz und Val Fex (ca. 1200Hm/23Km)

Auf der Anhöhe von Marmoré mit wunderschönem Blick über den Silsersee.

Du erläufst auf diesem Loop zwei landschaftlich ganz gegensätzliche Täler, das eine karg und unbewohnt (Val Fedoz), das andere wunderbar lieblich (Val Fex). Dazwischen gewinnst du herrliche Tiefblicke auf den dunkelblauen Silsersee mit jedem Meter Höhengewinn beim steilen Anstieg über den breiten Bergrücken des Muott’Ota. Zwei lange, rasante Downhills durch lichten Lärchenwald mit weichem Nadelboden bringen Abwechslung in die durchwegs flowige Rundtour ab Sils/Segl Maria. 

Download GPX Val Fedoz Val Fex Loop

Gleich hinter den gepflegten Häusern von Sils/Segl Maria biegst du auf den Singletrail in die noch morgenfrische Fedacla Schlucht ein, bevor weicher Waldboden begleitet von schönen Ausblicken auf den Silsersee im Auf und Ab in das unberührte Val Fedoz leitet. Der Loop gegen den Uhrzeigersinn im unbewohnten Val Fedoz umfasst 10 Kilometer, du kannst ihn bei der ersten Brücke aber auch abkürzen. Eine karge Schwemmebene kennzeichnet das einsame Tal, das auch als kleiner Bruder des Val Fex bezeichnet wird.

Im kargen, unbewohnten Val Fedoz herrscht Ruhe pur.

Zurück bei der Alp Pretpeir folgt ein langer Uphill über den Nordrücken Richtung Muott’Ota, doch bereits bei P.2307 wirst du auf einen perfekten Downhill durch lichten Lärchenwald hinunter ins Val Fex mit seinen sprudelnden Bergbächen geschickt. Vor den Häusern von Curtins zweigt der Trail von der Strasse leicht ansteigend Richtung Marmoré (P.2202) ab. Es lohnt sich immer mal wieder stehenzubleiben und umzudrehen: Der Blick auf den Talschluss ist einmalig schön. Schliesslich rollt es ab Marmoré, wo eine Bank auf einem Vorsprung zum Innehalten und Aussicht geniessen einlädt, fast wie von alleine ins Tal zurück. Aber Achtung! Im technisch anspruchsvollen Downhill mit zahlreichen Wurzeln und Steinen nach Sils/Segl Maria hinab herrscht Stolpergefahr!

Farbenprächtiger Höhenweg in der Westflanke über dem Val Fex.


2. Der Trailrunning Klassiker von Pontresina: Flowtrail der Extraklasse mit Blick auf den „Festsaal der Alpen“ (ca. 950Hm/16Km)

Sonne und Panorama entgegenrennen auf dem Flowtrail hoch über Pontresina.

Dieser Loop ist der laufbarste von allen drei vorgestellten Routen. Hier darfst du getrost von Anfang bis Ende ballern und mit Leichtigkeit über perfekte Flowtrails schweben. Bei allem Speed solltest du trotzdem eine Pause bei der Chamanna Paradis in Erwägung ziehen: Nirgendwo anders schmeckt ein feines Stück Aprikosenkuchen mit Rahm besser als hier mit gigantischem Blick auf Palü und Co. Und mit etwas Glück siehst du beim Schafberg Steinböcke, denn im Gebiet des Piz Albris lebt eine der grössten Steinbock Kolonien der Alpen.

Download GPX Pontresina Loop

Das pompöse Pontresina verlässt du relativ schnell über einen zunächst breiten Waldweg, der später in einen leicht ansteigenden Wanderweg Richtung Tegia Muragl übergeht. Im morgendlichen Schatten geniesst du die kühle Frische und ruhige Atmosphäre des lichten Waldes. Der Trail wird steiler und windet sich in einigen Kehren zu P. 2334 hinauf, wo dich die ersten Sonnenstrahlen und ein Highlight des Tages erwarten: Der Höhenweg zum unteren Schafberg und weiter zur Alp Languard animiert zum schnellen Rennen. Hier darf der Puls ruhig einmal durch die Decke gehen!

Der Höhenweg zum unteren Schafberg gleicht einer Speedautobahn mit Weitblick.

Weiter geht es das karge Val Languard hinein, bis die Paradis Hütte über einen kurzen Uphill erreicht ist. Mit der Aussicht auf die vergletscherte Bergwelt biegst du nach Nordwesten in einen zackigen Downhill ein, der dich spielerisch über das offene Gelände von P. 2388 und P. 2198 zur Waldgrenze befördert. Der mit Wurzeln und einigen Steinen gespickte Downhill durch den Wald auf Pontresina erfordert deine Konzentration, läuft sich aber sehr flüssig und schnell. 

Verspielter Downhill über den breiten Rücken von der Chamanna Paradis hinunter nach Pontresina. 


3. Piz Polaschin: Gipfelerlebnis für alpin versierte Trailrunner (ca. 1300Hm/13Km)

Überragende Fernsicht am Gipfelgrat zum Piz Polaschin (3012m).

Mit 3012 m überschreitet der Piz Polaschin knapp die Dreitausender Marke. Da der Aufstieg über den SW-Grat und der Abstieg über den SE-Grat erfolgt (beide T4, Wegspuren und Steinmänner), trocknet die Route i.d.R. recht schnell wieder ab und so lässt sich selbst im Herbst noch Höhenluft in Trailrunning-Ausrüstung schnuppern. Und wenn die Verhältnisse doch nicht stimmen bietet der glasklare Lej da la Tscheppa eine würdige Alternative. 

Download GPX Piz Polaschin Loop

Du läufst im Uhrzeigersinn von Silvaplana bis zur Abzweigung bei P.1862 entlang der Via Engiadina (guter Warmup Trail). Ab dort geht es nun steil und kontinuierlich an Höhe gewinnend über 750Hm bis zum schimmernden Lej da la Tscheppa hinauf. Du verlässt den Wanderweg und orientierst dich ab jetzt an Steinmännchen, um zuerst das grosse Blockfeld am Rand zu durchqueren und anschliessend die Fuorcla Polaschin möglichst kräfteschonend über Wegspuren zu gewinnen. 

Bereits durch die Blockfeldwüste gekämpft, Zeit um einen Blick zurückzuwerfen.

Nach 150Hm über leichte Felsen ist der höchste Punkt erreicht und du geniesst ein 360-Grad-Panorama mit Blick ins Bergell, zum Julierpass und natürlich über die Engadiner Seenplatte bis zum Piz Bernina. Der Südostgrat eignet sich besonders für den Abstieg, grobschottriges Gelände ermöglicht rasch zum kleinen See abzusteigen, wo du kurz unterhalb wieder auf den Wanderweg triffst. 

Konzentration erfordert der Abstieg vom Piz Polaschin über den Südostgrat (T4).

Im Auf und Ab über die sonnige Terrasse, in der viele weitere kleine Seen eingelagert sind, geht es zügig voran, bevor schliesslich ein steiler Downhill etwas abrupt die Lauffreude beendet. Am besten auf dem Sonnenbalkon nochmals tief die Sonne einatmen, bevor der Schatten dich bis auf Silvaplana verschlucken wird.

Schöne Trails auf dem Südbalkon des Lej da la Tscheppa.

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