Was bleibt von einer Tour, auf der alles glatt läuft? Bächli-CEO Thomas Morand ist mit Jonas Schild über die Nollenroute auf den Mönch gestiegen.
(Fotos: Diego Schläppi)
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1) Bergführer Jonas Schild führte
die Seilschaft an. 2) Für den Mönchsnollen
startete Bächli-CEO Thomas Morand ausnahmsweise
an einem Freitag
ins Wochenende.
Eiger-Mönch-Jungfrau. Über die Visitenkarte der Schweiz ist alles gesagt, geschrieben und sogar gerechnet: «Das mathematische Dreigestirn», titelte die Berner Zeitung vor einigen Jahren, als klar wurde, dass die Kunstgesetze des Goldenen Schnittes auch für das weltbekannte Nord-Panorama des Gipfeltrios gelten.
«Es ist natürlich eine unheimlich mächtige Kulisse», findet auch Thomas Morand, der im heimischen Engadin zwar jede Ecke kennt, im Berner Oberland aber noch eine lange Tourenliste hat. «In dieser Front eine Tour zu machen, ist schon ergreifend, das macht einen demütig.» Links die Eigernordwand, rechts die zerrissene Nordflanke der Jungfrau: Wer dem Dreigestirn über die Nordseite aufs Haupt steigen will, findet in der Mitte, in der Nollenroute auf den Mönch, einen objektiv recht sicheren Weg. Zwar hat der Eisrückgang der letzten Jahre den Nollen eher entschärft, trotzdem sind an der Schlüsselstelle immer noch 65 bis 70 Grad zu überwinden. Auch ästhetisch kann die Linie überzeugen: Von der Guggihütte geht es mehr oder weniger schnurgerade zum Gipfel.
Die Route über den Nollen: Nach
der Querung unter dem Eigergletscher
geht es fast schnurgerade empor. Foto: picturealliance / Günter Gräfenhain
Allein am Berg
Schon länger hatte sich Morand mit dem Bergführer und ehemaligen Bächli-Mitarbeiter Jonas Schild zu einer kombinierten Hochtour verabredet, seiner Lieblingsdisziplin. «Eigentlich bin ich durchs Geschäft auf das Wochenende reduziert», sagt Morand, aber als sich einem Freitag Mitte Juli ein 3-Tage-Fenster öffnet, machen die beiden Nägel mit Köpfen. Für Schild ist es ein Heimspiel. Schon als Jugendlicher stand er auf dem Mönch, den Nollen hat er zigmal durchstiegen und kennt hier jeden Stein. An der Station Eigergletscher lassen die beiden den wuselnden Tourismus hinter sich. Wo die Infrastruktur endet, beginnt das Bollwerk: Schon im Hüttenzustieg sind die Steinböcke die einzig verbliebenen Begleiter. Auf der unbewarteten Guggihütte geniessen Morand und Schild ihr Fondue mit Jungfraublick in stiller Zweisamkeit, wie Sonderlinge in einer touristisch perfekt erschlossenen Region.
Die unbewartete Guggihütte
auf 2792 Metern ist der
Stützpunkt für alle Nollen-Aspiranten.
Kurzes Kribbeln am Nollen
Um vier Uhr treten Morand und Schild anderntags vor die Hütte. Nach dem langen Winter herrschen sehr gute Verhältnisse in der Tour: An vielen Stellen hat sich kompakter Firn konserviert. In der Luft liegt noch etwas Feuchtigkeit vom Vortag, doch schon am Mönchsplateau, wo angeseilt wird, stösst das Gspännli aus dem Nebel. «Über uns nur noch Fels, Schnee, Eis – sonst nichts. Ab da hatte ich das Gefühl, wir wären allein auf der Welt», erzählt Morand.
Der Zeitplan stimmt, die Wegfindung macht keine Probleme. Dann aber baut sich der Nollen immer mächtiger vor der Seilschaft auf. Wo ist der Durchschlupf durch das Bollwerk? Was macht von der Sicherheit her Sinn? Hier und da schaut Blankeis unter dem Firn hervor. «Es hat schon gekribbelt», erzählt Morand. «Aber weil die Verhältnisse so gut waren, war ich schnell vertraut mit den Bedingungen. Da fühle ich mich sicher und fest, das ist das Entscheidende. Dann ist es auch egal, ob es zwei oder drei Grad steiler ist.»
Am Mönchsplateau werden
die Steigeisen angelegt.
Morand sichert Schild an den steilsten Stellen, weite Passagen legt die Seilschaft, mit Tiblocs gesichert, am laufenden Seil zurück. Auch Morands Materialwahl passt: zwei Petzl Gullys, nicht zu aggressiv. «Wir sind ja nicht in einem Eisfall.» Zum Sonnenaufgang nehmen sich die beiden etwas Zeit, treten sich ein kleines Plateau ins Eis, um für ein paar Minuten den ganzen Fuss aufsetzen zu können und die Waden zu entlasten. Dann ist der Nollen überwunden, «ohne dass es sich wie eine Schlüsselstelle angefühlt hätte», so Morand. Die verbleibende Nordwestflanke nehmen Morand und Schild direkt. Dank der guten Schneelage müssen sie nicht auf den Grat ausweichen. Am kurzen Seil, in 20-cm-Schrittli geht es auf den Frontalzacken dem Gipfel entgegen. Eine Ausdauergeschichte – «fast schon meditativ, wenn man nicht so schnaufen
müsste», lacht Morand.
Wo kein Blankeis durch den
Trittschnee ragt, gehen Schild
und Morand viele Meter am
kurzen Seil.
Auf den letzten Metern verdeckt der Gipfel als kleines weisses Dreieck die Sonne und wird so von ihr umkränzt, ein fantastisches Bild. Um halb neun Uhr morgens, nach viereinhalb Stunden, gibt es eine Prise Schnupftabak auf die glatt gelaufene Tour. Schon kommen die ersten Bergsteiger über den Normalweg entgegen. Fokussiert, noch mit dem Fuss auf der Euphoriebremse, geht es über den exponierten Südostgrat ins Mönchsjoch hinab – kurz darauf endet am Sphinxstollen der Jungfraubahn die makellose, aufs Elementare reduzierte Hochgebirgswelt.
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Endlich Pause für die
Waden: am Gipfel des Mönch.
Zeit zum Zehren
«Eine ganz gelungene, unspektakulär schöne Tour», resümiert Morand, «ergreifend, nicht kritisch, wir hatten jederzeit alles im Griff.» Mindert es den Erlebniswert von Touren, wenn alles rund läuft, wenig abenteuerlich? «Nein, im Gegenteil», beteuert Morand. «Da zehre ich ewig davon, das ist ja das Schöne!»
Mönch (4107 m), Nollenroute
Charakter
Objektiv relativ sichere Tour, Stein- und Eisschlag sind selten. Schüsselstelle ist der Nollen, der je nach Verhältnissen ein bis zwei Seillängen im Steileis erfordert. Der Abstieg vom Mönch über den SO-Grat wird häufig unterschätzt. Achtung vor Wächten. Der Grat ist ausgesetzt und mit leichten Kletterpassagen, teilweise sind Sicherungsstangen vorhanden.
Schwierigkeit
D-, 55-60 Grad, im Abstieg vom Mönch Stellen II
Höhenmeter 1330 hm ab Guggihütte SAC (2792 m)
Empfohlene Ausrüstung
Hochtourenausrüstung, zwei Eisgeräte, 6-7 Eisschrauben, Sicherungsmaterial je nach Taktik
Zustieg
Von der Station Eigergletscher zunächst 200 hm hinab aufs Vorfeld des Eigergletschers, das gequert wird. Nun im Zickzack relativ direkt empor (Stellen I) zur Guggihütte. Blau-weiss markiert. (T4, gesamt 2,5 bis 3 h, 700 hm).
24 Schlafplätze, Reservation via Website.
Abstieg
Über den SO-Grat (Normalweg) des Mönchs ins Mönchsjoch (2 h) und auf
pistenartiger Spur (0,5 h) zum Sphinxstollen des Jungfraujochs.
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